About me

Dieser Blog heißt "Systemfragen" weil aus meiner Sicht alle Herausforderung der Gesellschaft systemisch bedingt sind oder sich zumindest systemisch erklären lassen.
Die meisten Menschen, vor allem in einer politisch-medialen Bubble sind sich über grundsätzliche moralisch ethisch Maßstäbe einig, nur warum kommt es dann nicht zu besseren und nachhaltigeren Lösungen? Wieso sind wir konfrontiert mit zunehmender Individuation, mit einer immer größer werdenden sozialen Spaltung und einer ökologischen Situation, die immer bedrohlicher wird. Warum bekommen wir die Welt nicht in den Griff, obwohl wir doch alle nur das Beste wollen?
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Der Grund dafür liegt meines Erachtens darin, dass wir uns als Reflex schnell im politisch korrekten Konsens einrichten und uns mit dem Postulat der "richtigen" Position zufrieden geben. Aber auch darin, dass wir uns in einem Rausch der Polarisierung und einer gewissen Hybris über Andersdenkende erheben und uns lieber damit beschäftigen den Menschen mit einer anderen Meinung ihre "Dummheit" oder "Bosheit "aufzuzeigen, anstatt in den inhaltlichen Dialog zu gehen.
Wir vernachlässigen zunehmend die Form und legen oft die gleichen Verhaltensweisen an den Tag, die wir beim vermeintlichen Gegner oder Gegnerin mit Verve kritisieren. Aus meiner Sicht rechtfertigt der Inhalt nicht die falsche Form. Ein falsches Verhalten wird nicht dadurch besser, nur weil es von der "richtigen" Seite kommt. Das gilt insbesondere für die in den sozialen Medien aber auch in anderen Kanälen immer häufiger vorkommenden "ad hominem-Debatten", die oft von Labeling und Bashing geprägt sind.
Das alles ist menschlich aber es bringt leider nichts. Wenn wir die Welt zu einem besseren Ort machen wollen, in dem der Klimaschutz ebenso ein Primat ist, wie die Freiheit des Individuums, Gleichberechtigung, Chancengleichheit und soziales Gleichgewicht, dann müssen wir uns die Systeme anschauen. Nur so können wir verstehen, warum Menschen so oder anders handeln und können bewerten, welche Position der Wahrheit am nächsten kommt oder den besten Ansatz bietet, Probleme nachhaltig zu lösen. Eine moralische Position ist natürlich ebenso wichtig wie ein vernünftiger Wertekonsens. Nur wenn wir Veränderungen wollen reicht der Appell ebenso wenig wie das Postulat. Für die Lösung von Problemen brauchen wir systemische Lösungen.
Systemisches Denken ist anstrengend und schmerzhaft. Es stellt nicht nur andere, sondern auch uns selbst in Frage. Es macht uns nackt und angreifbar und nimmt uns die beruhigende Hoffnung des Glaubens und die klare Positionierung. Aber wenn man sich dieser Challenge stellt, dann bietet systemisches Denken die Möglichkeit, zu verstehen, warum die Dinge so sind wie sie sind und wie man sie ändern könnte.
Für Politiker*innen ist das tatsächlich schwierig und eher in der Analyse hilfreich und weniger in der Kommunikation, denn die meisten Menschen lieben Illusionen und um erfolgreich zu sein, muss man diese wohl auch in einem gewissen Maße bedienen.
Beim systemischen Denken, geht es nicht darum, wem man glauben oder vertrauen soll oder auf welcher Seite man steht, sondern allein darum herauszufinden, welche individuellen Motivationen vordergründig aber auch sekundär bei den Stakeholdern vorhanden sind. Mit Stakeholder sind hier Menschen, Institutionen, Gruppen und anderes gemeint.
Die zentrale Frage bei jeder Aussage ist immer: "Where´s the Profit?" Das ist unromantisch und beinhaltet in gewisser Hinsicht eine gewisse Misanthropie und vielleicht ein etwas desillusioniertes Menschenbild. Aber letztendlich handelt der Mensch in vieler Hinsicht im Kern egoistisch. Natürlich gibt es Altruismus und Selbstlosigkeit aber auch das ist in der Breite eher dort präsent, wo die persönliche Not überschaubar ist.
Bei dieser Betrachtung muss man immer die gruppenbezogenen, sogenannte tribalistischen Effekte mit berücksichtigen. Wir Menschen tendieren dazu, uns einer Gruppe zugehörig fühlen zu wollen und uns daher gegen anderen abzugrenzen. Das beeinflusst unsere Positionen uns noch mehr, dass was wir äußern. Zu dieser Thematik, die viele Fragen beantworten kann empfehle ich das Buch von Philipp Hübl "Die aufgeregte Gesellschaft"
Um die Aussage einer Politiker*in, einer Manager*in, einer Wissenschaftler*in oder anderer "Expert*innen" einordnen zu können, ist es bei dieser Betrachtung nicht zentral, ob einem die Aussage gefällt oder mit der eigenen Grundeinstellung harmoniert. Viel wichtiger ist es zu verstehen, in wie weit die Aussage dem Absender nutzt oder eben auch der Inhalt dieser Aussage.
Eine Politiker*in will die Welt verbessern aber er oder sie will auch Karriere machen. Ein Pharmakonzern will gute Medikamente entwickeln aber er will auch maximalen Gewinn erwirtschaften. Eine Wissenschaftler*in will neue Zusammenhänge erkennen aber sie will auch an Ansehen gewinnen und veröffentlicht werden. Ein/e Journalist*in will aufdecken und darstellen aber er oder sie will auch nicht in Ungnade bei dem/der Chefredakteur:in fallen. Wenn Prominente sich zu gesellschaftlichen Themen äußern, dann haben sie vielleicht ein Anliegen aber sie können damit immer auch ihre Zielgruppe bedienen und damit an Popularität gewinnen. Interessen sind vielfältig und müssen in ihrer Komplexität analysiert werden, wenn man verstehen möchte, warum jemand etwas tut oder sagt.
Social Media hat diese Dinge, die schon bei Platon bekannt waren um Dimensionen verstärkt. Immer schneller verbreiten sich Informationen und die meisten davon werden nur oberflächlich konsumiert, verkürzt rezipiert und weiterverarbeitet. Es geht also bei der Informationsaufnahme nur noch selten um Dialektik sondern um die schnelle Einordnung in Freund oder Feind. Ein falsches Wort zur falschen Zeit im falschen Medium kann verkürzt oder neu konnotiert Karrieren vernichten. Heerscharen von Menschen versuchen aus solchen Situationen Profit zu schlagen, so dass ein gesellschaftlicher Diskurs immer schwieriger wird.
Diesen Blog habe ich gestartet, um Fragen zu stellen, aktuelle Herausforderungen zu kommentieren und Ideen zu entwickeln. Lösungsorientiert, schonunglos und ohne ideologische Scheuklappen. Thematisch geht es quer durch das Spektrum. Einige Artikel sind schon viele Jahre alt aber interessanterweise nicht zwingend obsolet dadurch. Einiges ist noch ante Portas.
Ist dieser Blog politisch? Na klar denn Politik ist eine Systemfrage.
Mal sehen, wie es funktioniert :-)
Kai Stührenberg 2024
Mehr Infos zu mir auf meiner Website www.kaistuehrenberg.net